Radikales Neudenken notwendig - Stellungnahme des Bundes für Geistesfreiheit München zur Diskussion um einen muslimischen Feiertag

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Bayerisches Feiertagsgesetz ist diskriminierend, bevorzugt Christen und muss grundlegend überarbeitet werden

Das bayerische Feiertagsgesetz diskriminiert Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung. Die Diskussion um einen muslimischen Feiertag, die von Bundesinnenminister De Maizière angestoßen wurde, macht dies bewusst – nur wurden bisher die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Nicht eine Ausweitung der Feiertagsgesetzgebungen in den Ländern, die aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung letztendlich alle denkbaren Religionen und Weltanschauungen berücksichtigen müsste, sorgt für eine gesamtgesellschaftliche Integration – sondern nur ein radikales Neudenken.

Während die hohen religiösen Feiertage der Christen der evangelischen und katholischen Kirchen umfassend geschützt sind, Schüler generell freibekommen und Arbeitnehmer in der Regel nicht arbeiten müssen, werden Angehörige anderer Weltanschauungen und Religionen als Bürger zweiter Klasse abgestempelt. Von 13 gesetzlichen Feiertagen in Bayern sind nur drei Feiertage als weltanschaulich neutral zu betrachten (1. Mai, Tag der dt. Einheit, Neujahr), dagegen sind 11 Feiertage offensichtlich christlich motiviert. 2017 gibt es sogar noch den Reformationstag als weiteren religiös begründeten gesetzlichen Feiertag.

„Mariä Himmelfahrt“ ist im Sinne des Feiertagsgesetz ein besonderer Tag: gesetzlicher Feiertag ist er nur in den bayerischen Gemeinden mit „überwiegend katholischer Bevölkerung“. Demnach dürfte also in der Landeshauptstadt München, in der die Konfessionsfreien mit über 53% die größte Bevölkerungsgruppe stellen, Mariä Himmelfahrt kein Feiertag mehr sein. Selbst bayernweit bilden die Konfessionsfreien, nach den Katholiken und vor den evangelischen Christen die zweitstärkste Bevölkerungsgruppe. Mit welcher Begründung werden also Christen so eklatant bevorzugt?

Israelitische Feiertage nehmen noch eine Sonderstellung ein: jüdische Schüler sind vom Unterricht befreit, jüdische Arbeitnehmer können damit rechnen, dass sie, bei Verzicht auf Lohnfortzahlung, in der Regel freinehmen können – hier gelten grob die gleichen Rechte, die für alle Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen gelten.

Für andere Arbeitnehmer, wie Muslime, orthodoxe Christen oder Mitglieder von Weltanschauungsgemeinschaften bestehen keine besonderen Regelungen. Lediglich für Schüler anderer Religionen und Weltanschauungen besteht die Möglichkeit der Unterrichtsbefreiung. Hierauf gründet sich der Anspruch auch für die Feiertage mit Schulbefreiung des Bundes für Geistesfreiheit Bayern (bfg). Diskriminiert sind jedoch auch Bürger, die nicht formell einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft angehören – sie haben weder die Möglichkeit einer Arbeitsbefreiung noch einer Schulbefreiung für bestimmte Tage.

Klar ist: das grundgesetzliche Recht auf freie Religionsausübung, welches auch weltanschauliche Handlungen mit einschließt, ist zu respektieren – es garantiert unser friedliches, gesellschaftliches Zusammenleben. In diesem Sinne ist es zu gewährleisten, dass Christen beispielsweise am Ostermontag und Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit am Evolutionstag arbeits- und schulbefreit werden.

Allerdings ist gerade die bayerische Feiertagsgesetzgebung, aber auch die der anderen Bundesländer, erheblich verbesserungswürdig. Wie dargelegt sind besonders Menschen, die keiner Religion oder formellen Weltanschauung angehören, aktuell benachteiligt. Warum nicht jedem Menschen eine gewisse Zahl an Sonderurlaubstagen zubilligen, die jeder nach seinem eigenen Ermessen auf beliebig Tage legen darf? An solchen Tagen wäre die Gewährleistung von Urlaub in der Regel zu genehmigen – im ähnlichen Sinne wie z.B. die aktuelle bayerische Regelung für israelitische Feiertage. Dabei muss aufgrund des Diskriminierungsverbots egal sein, ob der einzelne die Zeit nun für Gottesdienstbesuche, Evolutionsfeiern oder für rein private Zwecke nutzt. Ob man als Gottloser an Ostern oder als Muslim zum Tag der Menschenrechte freinimmt, darf keine Rolle spielen. Denn auch jetzt gibt es keine Gewissensprüfung. Wer an einem religiösen Feiertag tatsächlich einen Gottesdienst besucht, hat niemanden zu interessieren, vor allem nicht den Staat oder den Arbeitgeber. Solch ein Sonderurlaub hätte den Charme, dass er die freie Religions- und Weltanschauungsausübung mit der heutigen Güte weiterhin gewährleistet, jedoch Menschen ohne Religion und formeller Weltanschauung nicht benachteiligt.
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Die Stellungnahme des bfg wurde vom Bayerischen Rundfunk und dem Humanistischen Pressedienst aufgegriffen.

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