Mit der Publikation „Nicht ich provoziere, sondern die Zustände provozieren mich“ möchte das NS-Dokumentationszentrum München dem Schaffen Wolfram Kastners eine längst überfällige Würdigung zuteil werden lassen. Die beiden SZ-Autoren Hans Holzhaider und Bernd Kastner stellen 36 der bekanntesten Kunstaktionen Kastners vor.
Der Künstler Wolfram Kastner erinnert seit Jahrzehnten mit Aufmerksamkeit erregenden Aktionen an die Zeit des Nationalsozialismus und deren Verdrängung. Er fordert den Betrachter mit sehr direkten, oftmals auch drastischen Mitteln zu einer Auseinandersetzung und Stellungnahme heraus. Den Ungeheuerlichkeiten der Geschichte setzt Kastner etwas entgegen, von dem man sich zwar wegdrehen, dem man aber nicht entkommen kann. Der Aktionskünstler stört und mischt sich ein, aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten, auch gegen Widerstände und Schikanen.
Winfried Nerdinger, Direktor des NS-Dokumentationszentrums München, über den Aktionskünstler
„Wenn es darum ginge, den Künstler auszuzeichnen, von dem in Bayern die meisten und stärksten Anstöße zum Nachdenken über die NS-Zeit und zur kritischen Auseinandersetzung mit den Nachwirkungen des Regimes ausgingen, dann müsste Wolfram Kastner mit Ehrungen überhäuft werden. Wenn es darum ginge, die Person zu benennen, die seit Jahrzehnten aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten unermüdlich ihre Mitbürger mit den verdrängten, aber noch vielfach vorhandenen geistigen und materiellen Relikten der NS-Zeit konfrontiert, dann müsste an erster Stelle Wolfram Kastner genannt werden. Wenn es darum ginge, den Künstler zu würdigen, der es seit mehreren Jahrzehnten auf sich nahm, für seinen Kampf gegen das Vergessen von Behörden schikaniert und vor Gericht gestellt zu werden, dann müsste Wolfram Kastner von seinen Mitbürgern verehrt werden.“
Die Publikation Wolfram Kastner. „Nicht ich provoziere, sondern die Zustände provozieren mich.“, hrsg. von Winfried Nerdinger im Auftrag des NS-Dokumentationszentrums München mit Texten von Hans Holzhaider, Bernd Kastner, Winfried Nerdinger u. a., hat 184 Seiten, kostet als Museumsausgabe 24 Euro und ist erhältlich im Buchladen des NS-Dokumentationszentrums München. Die Verlagsausgabe ist im Metropol Verlag erschienen, kostet im Hardcover 29 Euro und ist im Buchhandel erhältlich.