Trotz Musik- und Tanzverbots in Bayern haben an den „Stillen Tagen“ Allerheiligen und Volkstrauertag 35 Veranstaltungen stattgefunden. Am Buß- und Bettag und Totensonntag werden es noch mal 15 Heidenspaß-Partys sein.
Mitgemacht haben 20 Münchner Clubs, Bars und Tanzschulen: 089 Bar, Alte Galerie, Bistro No.2, Don’t Tell, Freiheitshalle, Goldener Reiter, ImportExport, L1, La Nuit, Lieberscholli, Milchbar, NY. Club, Pacha, Paradiso Tanzbar, Prosecco Bar, Roody, Shamrock, Tonhalle, Unterdeck und Vintage Club.
„Es ist wunderbar, dass inzwischen so viele Heidenspaß-Partys in München stattfinden und auch immer mehr Club- und Barbetreiber*innen bereit sind, ihre Locations zur Verfügung zu stellen. Das war nicht immer so, freut sich Assunta Tammelleo, Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit München (bfg München).
Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht es möglich
Warum darf an einem stillen Tag, an dem Tanzen und Feiern eigentlich verboten ist, trotzdem mit dem bfg München getanzt und gefeiert werden? Das ist einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 zu verdanken. Die Richter*innen in Karlsruhe hatten entschieden, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist.

Das Gericht hatte festgestellt, dass „(…) Bevölkerungsteilen anderer kultureller und weltanschaulich-religiöser Prägung durch die Auswahl des Feiertages und seinen Schutz insofern keine unzumutbaren Belastungen auferlegt werden (dürfen), als niemand gezwungen werden darf, diesen Tag entsprechend einer bestimmten religiösen Überlieferung oder auch nur im Sinne innerer Einkehr zu begehen.“ (BVerfG, v. 27.10.2016 1 BvR 458/10 RDNr. 66)
Weltanschauliche Ansprache
Auf den Veranstaltungen muss der bfg München regelmäßig erläutern, was seine Anliegen sind. Denn laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf es nicht nur ums Tanzen und Feiern als Ausdruck der Weltanschauung des bfg München gehen, sondern die Organisation muss auch ihre Weltanschauung und ihren Einsatz für Bürgerrechte und Demokratie erläutern. Nur dann darf auch gefeiert und getanzt werden.
„Alle Menschen sind herzlich eingeladen, an den sog. stillen Tagen zu unseren Partys zu kommen. Und mit ‚alle‘ meinen wir alle! Nicht nur Ungläubige sind willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft,“ so Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München.

Tanz- und Feierverbot abschaffen
Assunta Tammelleo fordert die Abschaffung der Tanz- und Feierverbote im bayerischen Feiertagsgesetz: „Tanzverbote sind Instrumente der Bevormundung und Kontrolle von Menschen. So etwas hat in einem demokratischen Rechtsstaat nichts zu suchen. Unser Ziel ist es, diese obrigkeitsstaatlichen Relikte zu schleifen. Warum sollte jemand an stillen Tagen nicht tanzen dürfen? Woran soll sich eigentlich ein gläubiger Christ stören, wenn an Allerheiligen eine Party in einem geschlossenen Raum stattfindet? Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen Vorschriften zu machen, wie sie an einem Feiertag ihre Freizeit verbringen sollen. Selbstverständlich sollen und dürfen Christ*innen, in Stille und Trauer gedenken. Sie dürfen aber anderen Menschen nicht zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich tun zu müssen. Daher muss das bayerische Feiertagsgesetz endlich liberalisiert werden“, so die Vorsitzende des bfg München.
Eines ist Assunta Tammelleo wichtig zu betonen, weil der Vorwurf immer wieder erhoben wird: „Nein, wir wollen keine gesetzlichen Feiertage abschaffen, aber wir können uns eine Umbenennung von Feiertagen in einem stetig säkularer werdenden Land gut vorstellen. Und wir plädieren zudem für andere gesetzliche Feiertage, z.B. Internationaler Frauentag am 8. März, Tag der Befreiung am 8. Mai oder Tag der Menschenrechte am 10. Dezember.“