Kardinal-Faulhaber-Straße auf Liste historisch belasteter Straßennamen
Die Kardinal-Faulhaber-Straße in der Münchner Altstadt ist auf der sog. "Shortlist" mit Straßennamen mit erhöhtem Diskussionsbedarf. Auf der Liste finden sich zahlreiche Antisemiten, Nationalsozialisten, Rechtsextreme und Kolonialverbrecher. Völlig zurecht steht auch Faulhaber auf dieser Liste. Der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) fordert schon seit langem die Umbenennung der Kardinal-Faulhaber-Straße in "Sylvia-Klar-Straße". Für den bfg München ist es nicht hinnehmbar, dass ein Kriegstreiber, Demokratiefeind und Hitler-Verehrer wie Kardinal Faulhaber mit einem Straßennamen geehrt wird.
Die Ehrung Faulhabers mit einem Straßennamen im Jahr 1952 geschah damals ganz offenkundig in Unkenntnis seiner Gegnerschaft zur Demokratie. So schrieb der Kardinal am 15. September 1933 voller Hoffnung in sein Tagebuch, dass Hitler das gelänge, was Bismarck nicht schaffte, "das Übel des parlamentarischen demokratischen Systems mit der Wurzel auszureißen, (...). In letzter Stunde gab die Vorsehung dem deutschen Volk einen Mann, der es, so Gott will, zu einem besseren Reich führen soll."
Das geschah offenbar auch in Unkenntnis seines antisemitischen Hasses auf Kurt Eisner, den ersten Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, den er am 27. Februar 1919 als einen "Teil von jener Kraft, die Jesus gekreuzigt hat", bezeichnete.
Und das geschah wohl ebenfalls in Unkenntnis seines allgemeinen Antisemitismus. Im Oktober 1936 gestand Faulhaber dem NS-Regime das Recht zu, "gegen Auswüchse des Judentums in seinem Bereich vorzugehen." Und schon am 8. April 1933 schrieb der Kardinal an einen Priester, warum es für ihn wichtigere Dinge gäbe, als den bedrängten Juden beizustehen "(...) zumal man annehmen darf, und zum Teil schon erlebte, dass die Juden sich selber helfen können, dass wir also keinen Grund haben, der Regierung einen Grund zu geben, um die Judenhetze in eine Jesuitenhetze umzubiegen."
1936 verkündete Faulhaber zudem das "einmütige Bekenntnis der deutschen Bischöfe zum Führer und seinem weltgeschichtlichen Werk", rief 1938 "das katholische Volk" auf, "in weltgeschichtlicher Stunde ein Treuebekenntnis zum Führer und Reichskanzler Hitler abzulegen" und ordnete an, dass "in unseren Diözesen die Kirchenglocken geläutet werden".
Faulhaber darf man auch mit Fug und Recht einen kalten, herzlosen Kriegstreiber nennen, der schon den 1. Weltkrieg freudig und mit den Worten "Eisenpillen bringen Bluterneuerung" begrüßt hat. 1940 schrieb er an die Gläubigen: "Die christliche Religion verbietet schwächliches Jammern und ängstliches Zagen. Ein männlich-heldischer Zug liegt in der paulinischen Waffenpredigt. (...) Ich denke an die Treue des Soldaten zum Fahneneid. Das deutsche Lied hat es in die Welt hinausgerufen. Die Treue ist uns kein leerer Wahn."
Dies alles ist unvereinbar mit der besonderen Ehrung Faulhabers in München. Deswegen fordert der bfg München, dem Kardinal sowohl die Ehrenbürgerschaft aus dem Jahr 1949 abzuerkennen als auch die Kardinal-Faulhaber-Straße in "Sylvia-Klar-Straße" umzubenennen. Sylvia Klar war Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft in München, verhalf dem späteren bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner zur Flucht, war bei der Widerstandsgruppe "Neu Beginnen" und wurde von den Nazis 1942 in der Gaskammer der Tötungsanstalt Bernburg ermordet.
Wurde sinnvoller und notwendiger Weise vor einigen Jahren die Meiserstraße umbenannt, so ist eine Umbenennung der Kardinal-Faulhaber-Straße ganz sicher mindestens ebenso geboten.
Besonders paradox ist, dass ausgerechnet die Straße, in der Ministerpräsident Kurt Eisner von einem Mitglied der katholischen Burschenschaft Rhaetia ermordet wurde, nach einem erklärten Feind der Demokratie benannt ist.
Hier die sog. "Shortlist" historisch belasteter Straßennamen, die die Stadt München veröffentlicht hat:
Benennung/Stadtbezirk
1 Agnes-Miegel-Straße 1983 13
2 Alois-Wunder-Straße 1978 21
3 Bestelmeyerstraße 1956 19
4 Bonselsstraße 1953 13
5 Butenandtstraße 1996 20
6 Deikestraße 1936 15
7 Dominikstraße 1932 13
8 Elly-Ney-Weg 1994 21
9 Emil-Nolde-Straße 1970 15
10 Ernst-Haeckel-Straße 1947 23
11 Hansjakobstraße 1925 14
12 Hans-Koch-Weg 1965 07
13 Hella-von-Westarp-Straße 1936 15
14 Herbert-Quandt-Straße 1987 17
15 Hermann-Proebst-Weg 1976 16
16 Hilblestraße 1956 09
17 Ina-Seidel-Bogen 1984 13
18 Kabastastraße 1956 21
19 Kardinal-Faulhaber-Straße 1952 01
20 Kißkaltplatz 1930 12
21 Kraepelinstraße 1927 04
22 Langbehnstraße 1931 20
23 Leutweinstraße 1935 13
24 Linnenbrüggerstraße 1936 15
25 Ludwig-Thoma-Straße 1947 21
26 Lüderitzstraße 1932 13
27 Martin-Heidegger-Straße 1983 21
28 Max-von-Gruber-Straße 1927 04
29 Messerschmittstraße 1983 10
30 Mottlstraße 1914 04
31 Nachtigalstraße 1925 09
32 Nettelbeckstraße 1932 13
33 Oswald-Bieber-Weg 1985 21
34 Otto-Merkt-Weg 1964 13
35 Pfitznerstraße 1923 11
36 Richard-Wagner-Straße 1898 03
37 Richard-Strauss-Straße 1915/1958 13
38 Robert-Koch-Straße 1931 01
39 Rohmederstraße 1932 12
40 Teuchertstraße 1936 15
41 Treitschkestraße 1960 10
42 Von-Erckert-Straße/-Platz 1933/37 15
43 Von-Gravenreuth-Straße 1933 15
44 Werner-Egk-Bogen 1985 12
45 Wißmannstraße 1932/12
Mehr Infos über den Umgang der Stadt mit historisch belasteten Straßennamen finden Sie unter https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Stadtarchiv/Strassenbenennungen.html
Zudem findet die Informationsveranstaltung „Historisch belastete Straßennamen“ am Donnerstag, 30. September, um 19 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Dort stellt das Stadtarchiv München das Verfahren, den Sachstand und die Perspektiven des Projekts der Öffentlichkeit vor. Im Gespräch mit Fachleuten aus Berlin, Mainz und Salzburg werden auch Erfahrungen anderer Städte im Umgang mit historisch belasteten Straßennamen diskutiert. An der Veranstaltung kann auch online teilgenommen werden. Mehr Info: https://ru.muenchen.de/2021/185/Informationsveranstaltung-Historisch-belastete-Strassennamen-97977