Bund für Geistesfreiheit feiert Evolutionstag oder warum der Besuch des Nymphenburger Schlossparks im Freistaat Bayern von einer ehemaligen Adelsfamilie erschwert wird

Bild 1: gesperrter Park am Schloss Nymphenburg - Foto: Michael Geyer; Bild 2: Schloss Nymphenburg - Foto: gemeinfrei / Wikipedia
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Der Bund für Geistesfreiheit München (bfg) feierte in diesem Jahr am 19. Mai den Tag der Evolution als weltanschaulichen Feiertag. Aus diesem Anlass planten Mitglieder aus Fürth und München sowie der Giordano-Bruno-Stiftung München (gbs) am 19. Mai ein gemeinsames Abendessen in München, um dann am Tag darauf, dem 20. Mai, nach dem Frühstück das Museum Mensch und Natur am Nymphenburger Schloss zu besuchen. Zum Abschluss der gemeinsamen Feier sollte der direkt angrenzende Schlosspark besucht werden. Das aber gestaltete sich schwierig.
 
Bei den Vorbereitungen stellten die Organisatoren fest, dass genau an diesem Tag, laut Ankündigung der Parkverwaltung, der Schlosspark geschlossen sei. Nach kurzer Recherche kam die Vermutung auf, dass der Park aufgrund der Hochzeit von Ludwig Prinz von Bayern gesperrt ist – ein Nachfahre der ehemaligen bayerischen Königsfamilie der Wittelsbacher. Eine Nachfrage bei der bayerischen Schlösserverwaltung bestätigte dies. Zudem erklärte die Schlösserverwaltung, die exklusive Nutzung des Parks sei durch das Wohnrecht der Wittelsbacher-Nachfahren begründet, weswegen für die Feierlichkeit im Park auch keine Nutzungskosten berechnet werden. Ludwig Prinz von Bayern würde also das gesamte Parkareal kostenlos nutzen. Dabei kostet alleine die Anmietung des Hubertussaales über 5000 €
 
Ein bfg-Mitglied gab Hinweise u.a. an die Münchener Abendzeitung, die darauf selbst recherchierte und bei der Schlösserverwaltung als auch beim „Haus Bayern" nachfragte. Am Tag vor der Veröffentlichung des Artikels wurde erklärt, dass eine Teilsperrung des Parks ausreiche – zumindest ein kleiner Sieg: die Mitglieder des bfg und alle anderen Besucherinnen und Besucher konnten den Park betreten – und mussten sich nicht vor einer ehemaligen Adelsfamilie beugen.

Wie geplant waren die Mitglieder von bfg München und Fürth sowie der gbs München am Freitag, 19. Mai, beim Abendessen mit Gelegenheit zum Kennenlernen und Vorstellen. Am Samstagmorgen gab es dann im Hirschgarten Frühstück und danach eine Führung durch das Museum Mensch und Natur mit Schwerpunkt Evolution - insbesondere hinsichtlich der Entwicklung zum Menschen, inklusive Wissenswertes über unsere nächsten Verwandten, u.a. Schimpansen, Bonobos, Orang-Utans und Gorillas. Zum Abschluss trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Kaffee und Kuchen und machten einen Spaziergang durch den (geöffneten Teil) des Nymphenburger Schloßparks.

Lokale Bilder
Evolutionstag

Foto: Michael Geyer

Besitztümer, Rechte und Privilegien im "Wittelsbacher Ausgleichsfonds" gehören auf den Prüfstand
 
Allerdings bleibt die rechtliche Lage bezüglich der Nutzung des Nymphenburger Schlossparks weiterhin unklar: Nach der Revolution 1918 und dem Ende der Monarchie, sowie des gesamten Adels und seiner Sonderrechte, wurde das Eigentum der ehemaligen Königsfamilie aufgeteilt – in einer Monarchie ist im Vornherein nicht klar zu trennen, was als Privatbesitz der Königsfamilie und was als Besitz des Landes zu werten ist, den die Familie nur aufgrund der Regentschaft "besitzt".
 
In Bayern wählte man einen friedlichen Weg des Ausgleichs und legte per Gesetz 1923 fest, dass bestimmte Werte, wie eben unter anderem das Nymphenburger Schloss und der Schlosspark, nun dem Freistaat und damit allen bayerischen Bürgerinnen und Bürgern gehören sollten. Andere Immobilien und Wertgegenstände wurden an den sogenannten „Wittelsbacher Ausgleichsfonds" übertragen. Immobilien in diesem Fonds sollen öffentlich zugänglich sein, gehören jedoch nicht dem Staat. Gewinne aus diesem Fonds erhält die Familie der Wittelsbacher – bis heute, zuletzt 15 Millionen Euro pro Jahr. Der Fonds ist zum Beispiel der größte nicht-staatliche Waldbesitzer in Bayern.
 
Neben diesen Besitztümern wurden der ehemaligen Königsfamilie auch einzelne Rechte zugestanden, in diesem Zusammenhang sind die hier folgenden bemerkenswert:

  • Wohnrechte in Teilen des Nymphenburger Schlosses ("Mittelbau", "beiderseits zunächst gelegene Pavillons", "die Zwischenbauten", "erforderliche Wirtschafts- und Nebenräume im Knaben- und Kapellenbau und in einem der anstoßenden Schlossflügel")
  • Wohnrechte in Teilen des Nymphenburger Schlossparks ("nördlicher und südlicher Kabinettsgarten und das sogenannte Bauerngärtchen")
  • sowie eine "Badegelegenheit in einem der Wasserläufe im Schlosspark"

Nun mag es interessant sein, sich vorzustellen, wie die Nachfahren der ehemaligen Königsfamilie mit Badeente und Rückenschrubber bewaffnet im Nymphenburger Schlosspark baden. Es darf jedoch stark angezweifelt werden, dass mit den genannten Wohnrechten eine exklusive Nutzung des kompletten Schlossparks begründet werden kann. Es wäre wert, hier eine Klärung herbeizuführen.