Feiern gegen Tanzverbote! Fünf Veranstaltungen am Totensonntag in München
Trotz Musik- und Tanzverbots in Bayern hat der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) an den sog. Stillen Tagen im November 2023 bisher neun Partys in verschiedenen Münchner Clubs (Rote Sonne, Milchbar, Import-Export, Unter Deck, Space for Skate) gefeiert.
Am kommenden Totensonnstag, 26. November, wird es beginnend am Samstag Abend fünf Veranstaltungen geben. Wir laden alle Menschen herzlich dazu ein, in die Freiheitshalle, Rote Sonne, Import Export, Unter Deck oder Feierwerk zu kommen. Einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist es zu verdanken, dass an "Stillen Tagen" wie Allerheiligen, dem Volkstrauertag, dem Buß- und Bettag oder dem Totensonntag ein buntes Programm mit Musik und Tanz stattfindet kann.
Auch für Gründonnerstag und Karfreitag 2024 hat der bfg München schon zwei Partys beim Münchner Kreisverwaltungsreferat beantragt, weitere sind in Planung. Zudem werden einige Ortsgemeinschaften des bfg Bayern Partys gegen Tanzverbote und Stille Tage organisieren.
Programm Samstag 25.11. / Sonntag 26.11.
- 25.11., 23-05 Uhr - "Bassphemie gegen Tanzverbot" - Dub mit DJs (Sunny Red im Feierwerk)
- 25.11., 21-03 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" - Konzert Cem Yildaz und DJ Superfly (Import Export)
- 25.11., 23-08 Uhr - "More Rave And Romance - Less Tanzverbot" - Elektronisches mit DJs Busy Bandulu Sound, Schlachthofbronx, Kikelomo, Medea Mad (Rote Sonne)
- 25.11., 20-04 Uhr - "Lague Moin - Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" mit DJs und Live Performance (Unter Deck)
- 25.11., 20-05 Uhr - "Kiss the 90s - Heidenspaß-Party gegen Tanzverbote" (Freiheitshalle)
Bisher an den Stillen Tagen im November
- 31.10., 20-08 Uhr - "Wir tanzen, wann wir wollen!" - 90er Jahre Party (Milchbar)
- 01.11., 00-06 Uhr - "Heidenspaß-Halloween" - Techno-Party (Space for Skate)
- 01.11., 20-04 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage" - Konzert Fulu Mitziki und DJ Booty Carell (Import Export)
- 18.11., 21-05 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" - 5 Jahre Alternative Fakten - Konzert mit Faileri Failera und Frauenstraße, DJs (Import Export)
- 18.11., 23-08 Uhr - "HOLEY is NO RELIGION" - Elektronisches mit DJs Chris Cario, B 4ME, Phase Fatale, (Rote Sonne)
- 18.11., 20-04 Uhr - "10 Jahre Unter Deck - Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" (Unter Deck)
- 19.11., 19-24 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" - Lesung Fritz Ostermayer, Konzert Vienna Rest in Peace, DJ (Import Export)
- 19.11., 20-01 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" - Konzert Guitar Wolf (Unter Deck)
- 22.11., 20-02 Uhr - "Gegen Tanzverbot und Stille Tage!" - Konzert Naturaleza Suprema, DJ Cometa Sonico (Import Export)
10 Jahre verboten, seit 2016 erlaubt
Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 darf trotz Musik- und Tanzverbots an Stillen Tagen gefeiert werden. Die Richter*innen in Karlsruhe hatten am 7. Oktober 2016 entschieden, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist. Damit folgte es einer Verfassungsbeschwerde des bfg München, der sich nach dem Verbot seiner "Heidenspaß- statt Höllenqual-Party" an Karfreitag 2007 durch alle Instanzen geklagt hatte.
Seitdem sind an Karfreitag und allen anderen acht "Stillen Tagen" Ausnahmen möglich, wenn Feste und Feiern "Ausdruck einer klaren weltanschaulichen Abgrenzung gegenüber dem Christentum" sind. Das trifft auf die Veranstaltungen und Partys des bfg München zu. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts tritt ein für die strikte Trennung von Kirche und Staat sowie für Bürgerrechte und Demokratie. Die Organisation versteht sich als Weltanschauungsgemeinschaft und orientiert sich an der Charta der Menschenrechte und den Grundsätzen der Aufklärung.
Auf Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat der bfg München "Heidenspaß-Partys" im Oberangertheater (2017), Blitz Club (2018/19) und in der The Keg Bar sowie der Kulturbühne Hinterhalt (beide 2022) mit Tanz, Live-Musik, Kabarett und vielem mehr veranstaltet. An Gründonnerstag und Karfreitag 2023 waren es dann schon sieben Veranstaltungen, im November 2023 sind es ingesamt 14.
Die neun Partys rund um Allerheiligen, Volkstrauertag und Buß- und Bettag waren sehr gut besucht und es wurde ausgiebig getanzt und gefeiert.
Auch für Gründonnerstag und Karfreitag 2024 hat der bfg München schon zwei Partys in der Nachtgalerie beantragt, weitere sind in Planung. Zudem werden einige Ortsgemeinschaften des bfg Bayern Partys gegen Tanzverbote und Stille Tage organisieren.
Tanzverbot und "Stille Tage" abschaffen
Neun sog. "Stille Tage" gibt es in Bayern. Dazu gehören Gründonnerstag, Karfreitag, der Ostersamstag, Allerheiligen, Buß- und Bettag, Volkstrauertag, Totensonntag, Aschermittwoch und der 24. Dezember. Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München, fordert die generelle Aufhebung des Tanzverbots und die Abschaffung der "Stillen Tage": Warum sollte jemand an stillen Tagen nicht tanzen dürfen? Woran soll sich ein gläubiger Christ stören, wenn eine Party in einem geschlossenen Raum stattfindet? Und es kann auch nicht Aufgabe des Staates sein, den Menschen Vorschriften zu machen, wie sie ihre Freizeit verbringen sollen, ganz gleich, ob es sich um einen Werktag, Feiertag oder eben um einen sog. Stillen Feiertag wie den Volkstrauertag oder den Totensonntag handelt. Bedauerlicherweise ist das Bundesverfassungsgericht 2017 nicht dem Vorschlag des bfg München gefolgt, Tanzverbote generell für alle aufzuheben. Und auch die bayerische Staatsregierung sieht seit dem höchstrichterlichen Spruch anscheinend keine Veranlassung das bayerische Feiertagsgesetz zu ändern."
Tammelleo weiter: "Selbstverständlich sollen und dürfen Christ*innen, z.B. an Karfreitag des Todes Jesu Christi in Stille und Trauer gedenken. Was sie nicht dürfen unserer Meinung nach: sie dürfen Anders- und Nicht-Gläubige nicht - mithilfe des Freistaates - zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich zu tun und in Trauer, Gebet und Beichte verfallen zu müssen. Denn, liebe christliche Mitbürger*innen: es ist überhaupt nicht unser Anliegen, Euch im Gegenzug am Trauern, Beten und Beichten zu hindern und Euch zu zwingen, stattdessen den ganzen Stillen Tag lang in Clubs und Bars bis zum Morgengrauen mit uns zu tanzen!"
Der bfg München lädt alle Menschen herzlich ein, an den Stillen Tagen zu unseren Partys zu kommen. "Und mit 'alle' meinen wir alle! Selbstverständlich sind nicht nur Ungläubige willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft. Wir freuen uns auf einen wunderbaren, friedvollen, gut gelaunten, echten Feiertag," so die bfg München-Vorsitzende.
Münchner Kreisverwaltungsreferat verlangt "weltanschauliche Abgrenzung"
Eine Hürde gilt es während der Feste immer noch zu beachten: Laut Münchner Kreisverwaltungsreferat müssen wir uns an einem Stillen Tag in einem regelmäßigen Abstand während des Festes "weltanschaulich abgrenzen". Dies sei aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung nötig, um an einem "Stillen Tag" wie den Volkstrauertag oder den Totensonntag in Münchner Clubs tanzen und feiern zu können. Wie sich das anhört: https://bfg-muenchen.de/node/3488
Nur 35,2 % sind in München Mitglied der katholischen oder evangelischen Kirche
Dass Tanzverbote endlich abgeschafft werden müssen, belegen auch die Mitgliederzahlen des Statistischen Amts der Stadt München zur Religionszugehörigkeit. Dort ist zu lesen, dass immer weniger Münchner*innen einer der beiden großen Kirchen angehören. Nur 25,9 Prozent der Münchner Bevölkerung sind Mitglied der katholischen Kirche (Stichtag 31.12.2022), bei der evangelischen Kirche sind es sogar nur noch 9,4 Prozent. Fast zwei Drittel der Münchner*innen sind konfessionsfrei oder gehören einer anderen Religionsrichtung an.
Datum | Einwohner | katholisch | evangelisch | kath.+evang. | sonst./ohne |
31.12.2021 | 100,0% | 27,7% | 9,9% | 37,7% | 62,3% |
31.12.2022 | 100,0% | 25,9% | 9,4% | 35,2% | 64,8% |
Quelle: https://www.mstatistik-muenchen.de/monatszahlenmonitoring/export/export.php, bearb.: Ernst-Günther Krause